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„Lauf gegen Gewalt“ macht auf Gewalt im Sport aufmerksam

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Der dritte Weißenfelser „Lauf gegen Gewalt“ findet am 28. August 2024, ab 16:30 Uhr am Klemmberg statt. 

Die Anmeldung ist auf der neuen Internetseite möglich: https://lauf-gegen-gewalt.de . In diesem Jahr macht das Event auf das Thema „Gewalt im Sport“ aufmerksam. Als Schirmherrin konnte in diesem Zusammenhang die Vize-Präsidentin des Landessportbundes Sachsen-Anhalt Dany Beck gewonnen werden. Die eingenommenen Gelder aus dem Benefizlauf sollen dieses Mal für Workshop-Angebote des Landessportbundes zur Gewaltprävention in Sportvereinen eingesetzt werden. Die Kurse können dann von Sportvereinen im Burgenlandkreis kostenfrei in Anspruch genommen werden.

Neben dem Landessportbund setzt sich auch die unabhängige Ansprechstelle Safe Sport e.V. gegen Gewalt im Sport ein. Sie wird mit einem Informationsstand beim „Lauf gegen Gewalt“ dabei sein. Beim Safe Sport e.V. beraten eine Psychologin und eine Juristin anonym und vertraulich Sportlerinnen und Sportler aus dem Breitensport und dem Spitzensport, die psychische, körperliche oder sexualisierte Gewalt im Sport erfahren haben. Die Beratung erfolgt telefonisch, per Online-Chat über die Safe-Sport-App, per Video oder direkt vor Ort in der Berliner Geschäftsstelle des Vereins. Sowohl Opfer als auch Angehörige oder Zeugen finden bei „Safe Sport“ Menschen, die ihnen zuhören, eine professionelle Einschätzung abgeben, Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, psychologische Hilfe anbieten oder mit ihnen Möglichkeiten einer Strafanzeige besprechen. Dabei entscheiden die ratsuchenden Personen selbst, welche Unterstützung sie wünschen.

Sportvereine gehören in Deutschland zu den wichtigsten Orten für Freizeitaktivitäten von Heranwachsenden. Sie leisten einen wertvollen Beitrag für die körperliche Gesundheit und stärken soziale Kompetenzen. „Neben diesen positiven Aspekten wird aber oft unterschätzt, dass die engen Beziehungen, der Fokus auf Körperlichkeit, hierarchische Machtverhältnisse, Abhängigkeiten und die Strukturen im Sport auch Risiken bergen und von gewalttätigen Menschen missbraucht werden können“, sagt Safe-Sport-Geschäftsführerin Ina Lambert. Dass Gewalt und Machtmissbrauch in Sportvereinen keine Seltenheit sind, belegen unter anderem die gut 170 Anfragen, die Ina Lambert und ihr Team seit der Eröffnung des Berliner Vereinssitzes im Juli 2023 erreichten. In 82 Prozent der Beratungen ging es um psychische Gewalt. In 59 Prozent der Fälle, die Safe Sport begleitet hat, fand sexualisierte Gewalt statt. Dabei bestätigen die Übergriffe in den Sportvereinen die gängigen Statistiken zur Gewaltkriminalität. So ist die deutliche Mehrheit der Täter männlich. Zwei Drittel der Opfer sind weiblich. In den Sportvereinen ist laut Ina Lambert zudem die Gewalt unter Gleichaltrigen ein Thema. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Studie „Sicher im Sport“, welche die Deutsche Sporthochschule Köln zusammen mit anderen Partnern im Jahr 2023 durchgeführt und veröffentlicht hat. Von den knapp 4.400 befragten Personen gaben 70 Prozent an, dass sie Gewalt, Grenzverletzungen oder Belästigungen im Vereinssport erfahren haben. Etwa 63 Prozent berichteten von psychischer Gewalt, insgesamt 45 Prozent von sexualisierter Gewalt und 37 Prozent von körperlicher Gewalt. Frauen und jüngere Personen unter 30 Jahren sind der Studie zufolge deutlich häufiger betroffen.

Safe-Sport-Geschäftsführerin Ina Lambert empfiehlt sowohl den Personen, die von Gewalt betroffen sind, als auch Zeugen oder Angehörigen mit den Erfahrungen und Beobachtungen nicht alleine zu bleiben. Denn Schweigen helfe den Tätern. Wer sich nicht im persönlichen Umfeld jemandem anvertrauen möchte, sollte eine anonyme Ansprechstelle wie beispielsweise den Safe-Sport-Verein nutzen. Neben der Beratung und der direkten Opferhilfe ist es „Safe Sport“ ein wichtiges Anliegen, in der Öffentlichkeit und im politischen Raum die Stimme im Sinne der Betroffenen zu erheben. „In vielen Sportvereinen gibt es noch immer tief verwurzelte, von Gewalt geprägte Glaubensgrundsätze. Da ist es ganz normal, dass der Trainer seine Schützlinge beim Training anschreit oder bloßstellt. Und wer das nicht aushält, ist verweichlicht“, sagt Ina Lambert. Der Safe Sport e.V. klärt hier öffentlich darüber auf, welche Langzeitfolgen psychische Gewalt wie beispielsweise Demütigungen, Beleidigungen, Ausgrenzung oder eben Bloßstellen und Anschreien bei Betroffenen haben kann. Dabei sind die Grenzen bei psychischer Gewalt fließend und liegen zum Teil auch im Ermessen der einzelnen Person. Je häufiger psychische Gewalt auftritt, desto wahrscheinlicher sind langfristige Auswirkungen wie beispielsweise sozialer Rückzug, Aggressivität, Angststörungen, Schlafprobleme, Essstörungen oder depressive Symptomatiken. Sogar Suizidgedanken sind möglich. „Auf diese Weise fordern wir die Verantwortlichen in den Vereinen zur Selbstreflexion auf. Denn es gibt viele andere Methoden, wie Kinder und Jugendliche im Training zu Höchstleistungen gebracht werden können“, sagt die Geschäftsführerin.

Die Fälle des Safe Sport e.V. zeigen, wie wichtig es ist, dass der Weißenfelser „Lauf gegen Gewalt“ in diesem Jahr das Thema „Gewalt im Sport“ in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Dabei soll es keineswegs ausschließlich um Sportvereine gehen. Denn gewalttätiges Verhalten tritt auch innerhalb der Fan-Szene, gegenüber von Schiedsrichtern, unter rivalisierenden Sportlerinnen und Sportlern oder durch Eltern am Spielfeldrand auf. Homophobie, Diskriminierung und Rassismus sind im Sport ebenfalls aktuelle Themen. Begleitend zum „Lauf gegen Gewalt“ wird deshalb am 28. August 2024 am Bismarckturm eine große Informationslandschaft aufgebaut. An zahlreichen Ständen klären Vereine und Institutionen zu Formen von Gewalt auf, zeigen Beratungsangebote auf, stellen Präventionsmaßnahmen vor und informieren zur Gewaltintervention. Einrichtungen, die ebenfalls mit einem eigenen Informationsstand beim „Lauf gegen Gewalt“ dabei sein möchten, können sich bei der städtischen Gleichstellungsbeauftragten Katja Henze Informationen hierzu einholen (Telefon: 03443- 370 466, E-Mail: gleichstellung@weissenfels.de).

Der „Lauf gegen Gewalt“ wird in Kooperation durch die Stadt Weißenfels, die Bundeswehr am Standort Weißenfels/Naumburg und den Sport- und Freizeitbetrieb organisiert. Ziel des „Laufes gegen Gewalt“ ist es, die Öffentlichkeit für gewaltfreies und zivilcouragiertes Handeln zu sensibilisieren. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzen mit ihrem sportlichen Einsatz ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt.
Der Safe Sport e.V. wird von Bund und Ländern finanziert. Neben der unabhängigen Ansprechstelle soll ein „Zentrum Safe Sport“ entstehen, welches unter anderem Fälle untersuchen, aufarbeiten und sanktionieren soll.

Safe Sport e.V. im Internet:
https://ansprechstelle-safe-sport.de/